Raubbaupapier

APP, APRIL und das Ende des Regenwaldes in Sumatras Provinz Riau

Ergebnisse einer ROBIN WOOD-Recherche, April 2004 lesen

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APP, APRIL and the End of the Rainforest in Sumatra's Riau Province

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         Inhalt:

1.       Einleitung

2.       Die Zerstörung des Regenwaldes in Indonesien

3.       Die Bilanzen von APP und APRIL: Schulden, Vertreibung, Repression, Umweltzerstörung

    3.1.    Asia Pulp & Paper (APP)

    3.2.    Asia Pacific Resources International Holdings Ltd. (APRIL)

4.       Regenwaldvernichtung durch APP und APRIL in Riau

    4.1.    Von der illegalen zur legalen Regenwaldvernichtung?

    4.2.    Neue Schutzgebiete aus Unternehmenshand?

    4.3.    Kahlschlag im Torfwald

5.       ROBIN WOOD-Forderungen und Aktionen

6.       Literatur, Webseiten und andere Quellen

Abkürzungen:

APP Asia Pulp & Paper
APRIL Asia Pacific Resources International Holdings Ltd
CAPPA   Community Alliance for Pulp-Paper Advocacy
IKPP Indah Kiat Pulp & Paper, APP-Fabrik in Riau
MTH  Mixed Tropical Hardwood
RAPP PT Riau Andalan Pulp & Paper, APRIL-Fabrik in Riau
RGM Raja Garuda Mas, Mutterkonzern von APRIL
TPL Toba Pulp Lestari (ehemals Indorayon)

         

1. Einleitung

Die ROBIN WOOD-AktivistInnen Jens Wieting und Kirsten Zickfeld bereisten im Januar 2004 die indonesische Insel Sumatra, um die Aktivitäten der Zellstoff- und Papierindustrie in Augenschein zu nehmen und Gespräche mit Umweltorganisationen, Betroffenen und Unternehmensvertretern zu führen. Im Mittelpunkt standen die Konzerne APP und APRIL, deren Fabriken in der Provinz Riau zu den größten der Welt gehören.

Der Boom der Zellstoff- und Papierindustrie in Indonesien hat katastrophale ökologische und soziale Folgen. Mit Milliardenkrediten und Bürgschaften versorgt - u. a. aus Deutschland - zerstören die Konzerne die natürlichen Reichtümer und verschärfen die Armut des Landes. Sie sind in vielen Gebieten für Vertreibung und Repression verantwortlich, sie haben zur Verschuldung Indonesiens beigetragen und sie zerstören den Regenwald.

Die Fläche des Tieflandregenwaldes auf Sumatra schrumpfte zwischen 1990 und 2002 um 60 Prozent. Hauptverantwortlich sind die Zellstoff-, Palmöl- und Holzindustrie sowie die Regierung, die keine Kontrolle ausübt. Den größten Holzhunger aller Beteiligten hat die Zellstoffindustrie. Zwischen 1988 und 2000 wurden in Indonesien etwa 120 Millionen Kubikmeter Holz zu Zellstoff verarbeitet, davon kamen nur zehn Prozent aus Plantagen.

In den vergangenen Jahren wurden bereits mehrere Studien von verschiedenen Organisationen vorgelegt, welche die Verantwortung von APP und APRIL für Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und Finanzskandale beleuchten. Um sich ein umfassenderes Bild zu machen, seien dem Leser daher auch die Berichte von Friends of the Earth, Urgewald, WWF, Human Rights Watch und Swedwatch empfohlen. Watch Indonesia in Berlin berichtet regelmäßig über aktuelle Entwicklungen (s. Literatur und Webseiten).

Eine neue Recherche erschien aus Sicht von ROBIN WOOD geboten, da beide Unternehmen in jüngster Zeit verkündeten, man habe aus Fehlern der Vergangenheit gelernt und wolle sich nun für den Schutz der Wälder engagieren. Das vorliegende Papier befasst sich daher hauptsächlich mit dem gegenwärtigen Ausmaß der Regenwaldzerstörung, die von beiden Unternehmen betrieben wird, und der Stichhaltigkeit ihrer Darstellungen.

Die Recherche richtet sich insbesondere an Papierhandel und -fabriken als Abnehmer von Zellstoff und Papier sowie Ministerien und Finanzinstitutionen, die unabhängige Informationen als Grundlage für ihre Einkaufs- bzw. Finanzierungspolitik benötigen. Die bitteren Erfahrungen auf Sumatra zeigen, dass alle beteiligten Akteure in diesem Kontext verbindliche ökologische und soziale Mindeststandards anwenden müssen, um nicht mitverantwortlich für die katastrophalen Folgen großindustrieller Projekte dieser Art zu werden.

Die Lage in Sumatra stellte sich für die Besucher von ROBIN WOOD noch bestürzender als erwartet dar. Im Tiefland der Provinz Riau sind die natürlichen Waldökosysteme bis auf kleine Gebiete verschwunden. Trotzdem geht die Entwaldung unvermindert weiter. Fast scheint es, als ob ein Wettkampf um die letzten Holzreserven entbrannt ist, bei dem keiner darauf vertraut, dass morgen noch ein Baum stehen könnte. Das Land ist bedeckt von eintönigen Ölpalmen- und Akazienplantagen oder brachliegend, in der Umgebung von Industrie und Siedlungen kommt es zu erheblichen Belastungen von Wasser, Böden und Luft.

Obwohl Riau reich an Öl, Gas und Holz ist, hat die Ausbeutung der Ressourcen der Mehrheit der heute rund 5 Millionen Einwohner keinen Vorteil gebracht. Im Gegenteil: Die Umweltzerstörung gefährdet das Überleben vor allem der ärmeren Teile der Bevölkerung, die noch unmittelbar auf saubere Flüsse und intakte Wälder angewiesen sind. Sie beklagen, dass sie durch Landraub und Umweltverschmutzung ihre traditionellen Lebensgrundlagen verloren haben und daher gezwungen sind, sich am illegalen Holzeinschlag zu beteiligen.

Doch APP und APRIL machen weiter Regenwald zu Papier. Noch immer beziehen sie rund zwei Drittel ihres Rohstoffes aus natürlichen Wäldern, die Lebensraum von seltenen Tieren und Pflanzen sind, eine wichtige Rolle für das Weltklima spielen und mit ihren wertvollen Funktionen und vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten für die Menschen Indonesiens unwiederbringlich verloren gehen.

Banken, Regierungen, die über Bürgschaften wie Hermes entscheiden, Papierfabriken und Handelsunternehmen dürfen sich nicht länger für diese Katastrophe mitschuldig machen. Stellvertretend für viele Indonesier fragt Harry Oktavian von der Hakiki Foundation: “Wie lange soll diese Tragödie weiter gehen?”

ROBIN WOOD dankt den Mitarbeitern von CAPPA, Hakiki, Walhi und WWF auf Sumatra für Unterstützung vor Ort und Misereor für die finanzielle Unterstützung dieser Recherche.

Es ist anerkennenswert, dass APP und insbesondere APRIL ROBIN WOOD Einblicke in ihre zerstörerische Waldnutzungspraxis gegeben haben.

Jens Wieting, Berlin im März 2004                                         

2. Die Zerstörung des Regenwaldes in Indonesien

Die Ausbeutung der Wälder in Indonesien ist außer Kontrolle. In der Regierungszeit des Diktators Suharto bis 1998 wurden bereits etwa 70 Prozent der Wälder des Landes vernichtet. In den letzten Jahren hat sich die Geschwindigkeit der Zerstörung noch erhöht. Selbst in Schutzgebieten und Nationalparks wird abgeholzt. Laut der indonesischen Umweltbehörde hat die Entwaldungsrate ein Rekordniveau von 2,4 Mio. Hektar jährlich erreicht. Wie kein anderes Land der Welt trägt Indonesien damit zur Zerstörung der Wälder bei. Umweltverbände schätzen die jährliche Zerstörung noch höher und die Fläche der noch vorhandenen intakten Waldgebiete auf 40 Millionen Hektar. Demnach wäre von dem einstmals grünen Inselreich nur noch ein Fünftel von Wald bedeckt. Bereits im kommenden Jahr, so eine Studie der Weltbank, wird es keine größeren Tieflandregenwaldgebiete auf Sumatra mehr geben.

Bei der Regenwaldzerstörung in Indonesien lassen sich drei Phasen unterscheiden. Zuerst werden alle verwertbaren Hölzer für den Rundholzexport sowie für die Möbel- und Sperrholzindustrie eingeschlagen. Das Restholz auf den degradierten Flächen wird von der Zellstoffindustrie als Billigrohstoff verwendet. Im Anschluss werden die abrasierten Flächen von denselben Konzernen in Akazien- und Ölpalmenplantagen umgewandelt.

Damit verschwindet die Artenvielfalt der Wälder für immer, die Humusschicht wird weggespült, lokales Klima und Wasserhaushalt ändern sich. Bei Plantagen handelt sich nicht um "nachhaltige Forstwirtschaft", wie die Industrie gerne behauptet, da das Holz nicht ohne Zutun des Menschen nachwächst wie in einem natürlichen oder naturnahen Wald. Akazien und Eukalyptus werden dagegen unter Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln gepflanzt.

Eine Hauptursache für den unkontrollierten Holzeinschlag ist das Versagen der indonesischen Regierung bei der Kontrolle über die natürlichen Ressourcen. Aufsicht durch Behörden findet nicht statt bzw. wird durch Korruption umgangen, bei vielen illegalen Holzgeschäften ist das Militär beteiligt. Transporte mit wertvollen illegal geschlagenen Hölzern für die Sägewerke sowie Rest- und Plantagenholz für die Zellstoffwerke sind Tag und Nacht auf Riaus Straßen und Flüssen unterwegs.

Der Anteil des illegal eingeschlagenen Holzes landesweit wird auf 73 – 88 Prozent geschätzt, der entstandene Schaden wird vom Forstministerium mit  3,7 Milliarden Dollar jährlich angegeben. Der Verbrauch der Holz verarbeitenden Industrien liegt bei über 73 Millionen Kubikmeter jährlich (Carius 2004). Ende 2003 gab der Forstminister bekannt, die Menge des genehmigten Holzeinschlages aus Gründen der Nachhaltigkeit von 6,7 Millionen Kubikmeter 2003 auf 5,7 Millionen Kubikmeter zu begrenzen. Der tatsächliche Bedarf der Industrie beträgt das 13fache.

In Riau verbrauchen allein APP und APRIL etwa 18 Millionen Kubikmeter Holz jährlich und davon bisher rund 12 Millionen aus Naturwald. Wie die Zellstoffindustrie setzen auch alle anderen Unternehmen ihre Produktion uneingeschränkt fort - legal oder illegal – und berauben sich ihrer eigenen Existenzgrundlage.

In der Praxis wirkt sich der „legale“ Holzeinschlag innerhalb von Konzessionsgebieten genauso verheerend aus wie der illegale - wertvolle Ökosysteme werden entweder übernutzt oder für die Umwandlung in Plantagen vollständig zerstört. Auch innerhalb ihrer Konzessionsgebiete begehen die Unternehmen eklatante Rechtsverstöße. Es werden mehr Bäume als erlaubt eingeschlagen, gut bestockte Wälder werden in Plantagen umgewandelt, erosionsgefährdete Hänge und Uferzonen gerodet und geschützte Baumarten wie Ramin eingeschlagen. Als besonders katastrophal muss die Umwandlung von ökologisch sensiblen Torfwäldern in Plantagen gesehen werden, die APP und APRIL derzeit massiv vorantreiben.

Bei der Konzessionsvergabe herrschen chaotische Zustände, da sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene Genehmigungen zum Holzeinschlag vergeben werden. Zwar hat die Zentralregierung den Distrikten das Recht Konzessionen zu vergeben, wieder entzogen, doch viele Unternehmen arbeiten weiter in diesen Gebieten. Auf nationaler Ebene teilen fünf Ministerien Zuständigkeiten für die Nutzung und den Schutz von Wäldern, was zusätzliche Widersprüche schafft (Carius 2004). Konzerne wie APP und APRIL erhielten die meisten ihrer Konzessionsgebiete noch unter der Diktatur von Suharto, als die Bevölkerung es aus Angst vor Repressionen noch nicht wagte ihren Protest gegen die Verletzung ihrer Rechte zu artikulieren (Harwell 2003).

3. Die Bilanzen von APP und APRIL: Schulden, Vertreibung, Repression, Umweltzerstörung

3.1 Asia Pulp & Paper (APP)

Unter dem Dach von Asia Pulp & Paper Company Ltd. (APP) mit Sitz in Singapur sind alle Zellstoff- und Papierfabriken des Konzerns Sinar Mas zusammengefasst. Die größte davon ist Indah Kiat Pulp & Paper (IKPP) in der Provinz Riau. Sinar Mas ist als einer der größten Konzerne Indonesiens neben vielen anderen Geschäftsfeldern auch im Palmölgeschäft aktiv und wird von der chinesischstämmigen Familie Widjaja kontrolliert.

APP produziert in Indonesien 2,3 Millionen Tonnen Zellstoff sowie in Asien 5,7 Millionen Tonnen Papier und Verpackungen und ist damit unter den ersten 10 Produzenten in der Weltrangliste (Glastra 2003). Der Aufbau der industriellen Infrastruktur war nur möglich, da APP Kredite aus aller Welt erhielt und so Ende 2003 mit 13,4 Milliarden Dollar zum am höchsten verschuldeten Unternehmen Asiens wurde. Aus Deutschland erhielt APP Kredite von der Commerzbank, der Deutschen Bank und der Dresdner Bank, die Bundesregierung gewährte Hermesbürgschaften für Geschäfte mit APP, von denen noch mehr als 600 Millionen Euro offen sind.  

Anfang 2001 erklärte sich APP für zahlungsunfähig, Ende 2003 wurde eine Umschuldungsvereinbarung mit den meisten der Gläubiger getroffen, die einen Teil der Kredite abschreiben und APP mehr Zeit zur Rückzahlung der verbleibenden Schulden gewähren. Nichtregierungsorganisationen werfen den Gläubigern vor, dass sie Regenwaldzerstörung und die Unterdrückung der Bevölkerung in Kauf nehmen, damit die Kredite zurückbezahlt werden (Human Rights Watch 2003). Gleichzeitig verfolgt APP Expansionspläne in China, wo der Konzern Papierfabriken mit Zellstoff aus Indonesien betreiben will. Deutsche Firmen haben wahrscheinlich erneut Anträge auf Hermesbürgschaften gestellt, um an diesen Projekten mitzuverdienen (TAZ 2004).

In Riau hält APP die Mehrheit an der Zellstoff- und Papierproduktion von Indah Kiat Pulp & Paper mit einer Kapazität von 1,8 Millionen Tonnen Zellstoff und 654.000 Tonnen Papier.

Auf 50 - 60.000 Hektar der von APP beanspruchten Konzessionsflächen bestehen ungelöste Landrechtskonflikte. Seit dem Ende des Suharto-Regimes protestieren die Menschen trotz andauernder Repressionen vermehrt gegen die Aneignung ihres Landes durch den Konzern. In diesem Zusammenhang werden dem Konzern schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Aus dem Jahr 2001 sind drei Fälle dokumentiert, in denen Sicherheitskräfte des Forstunternehmens Arari Abadi Proteste der Bevölkerung gegen die Aneignung ihres Landes mit brutaler Gewalt beendet haben. Bei einem dieser Übergriffe wurden fünf Menschen zum Teil schwer verletzt, Häuser zerstört und 58 Personen verhaftet. Offenbar gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Konzernen und staatlichen Organen. So wurde angeblich die Polizeistation von Perawang von APP finanziert und das Arari Abadi Personal von der Polizei trainiert (Harwell, Swedwatch 2003). Nach Angaben von Walhi Riau gab es bei Konflikten mit APP 1999 und 2000 durch Übergriffe von Sicherheitskräften auch Todesfälle.

IKPP setzt bei der Produktion Chlorbleicheverfahren (ECF) ein, die nicht dem Stand der Technik entsprechen und zu starker Abwasserbelastung führen. Die Bevölkerung am Siak, aus dem 11.000 Menschen Trinkwasser beziehen, klagt über Hautkrankheiten und den Rückgang der Fischbestände (Swedwatch 2003).

3.2 Asia Pacific Resources International Holdings Ltd. (APRIL)

Der Konzern APRIL hat seinen Sitz ebenfalls in Singapur und gehört zum Firmenimperium Raja Garuda Mas (RGM) von Sukanto Tanoto und seiner Familie. Auch diese Unternehmensgruppe betreibt neben der Zellstoff- und Papierproduktion auch Palmölplantagen und Holznutzung. In Riau betreibt APRIL die Zellstoffproduktion Riau Andalan Pulp & Paper (RAPP) mit einer Kapazität von 2 Millionen Tonnen Zellstoff jährlich und die Papierfabrik Riau Andalan Kertas (RAK) mit einer Jahresproduktion von 350.000 Tonnen. 80.000 Tonnen Papier und 10Prozent des Zellstoffs werden nach Europa exportiert (APRIL 2004).

Die Produktionsanlagen wurden mit Unterstützung der internationalen Finanzwelt in Form von Krediten, Bürgschaften, Aktien und Anleihen gebaut. Ende der neunziger Jahre geriet der Konzern in Zahlungsschwierigkeiten, gegenwärtig hat APRIL Schulden in Höhe von rund 1,2 Milliarden Dollar. Ein Beispiel für die Finanzakrobatik des APRIL-Eigentümers Tanoto ist der Fall der Unibank. 2001 musste die staatliche Indonesian Bank Restructuring Agency (IBRA) mit 230 Millionen Dollar öffentlicher Hilfe einspringen, als diese Bank aus dem RGM-Imperium bankrott machte. Die Bank hatte Kredite an Tochterfirmen von RGM wie z.B. APRIL vergeben, die nicht zurückgezahlt wurden. Tanoto konnte nicht belangt werden, da er seine Anteile an der Bank rechtzeitig abgestoßen hatte (Glastra 2003).

Nach Angaben von APRIL gibt es auf einer Fläche von 11.730 Hektar in Riau ungelöste Landrechtskonflikte (APRIL 2002). APRIL setzte den Ausbau seiner Infrastruktur in Riau gegen den Protest der lokalen Bevölkerung durch, die ihre Landrechte verletzt sah. 1997 gab es Verhaftungen und Verletzte. Später zahlte der Konzern Entschädigungen an die Dörfer, ihr Land erhielten sie aber nicht zurück (Matthew 2002). Inzwischen gibt der Konzern nach eigenen Angaben 5 Millionen Dollar jährlich für Community Development Programme aus (APRIL 2004). Auch APRIL setzt chlorhaltige Verbindungen zur Bleiche ein (ECF). Zwar sind Anlagen und Prozesse von RAPP moderner als die von IKPP, dennoch klagen die Menschen nahe der Fabrik über die Folgen der Wasserverschmutzung. Ein Vertreter aus Sering erklärte gegenüber ROBIN WOOD, dass es mehrere Fälle von Hautkrankheiten im Dorf gäbe und dass die Fischbestände zurückgegangen seien. 

Zu RGM gehört auch das Zellstoffwerk Toba Pulp Lestari in Porsea mit einer Jahresproduktion von 240.000 Tonnen am Asahan, dem Abfluss des Tobasees in Nordsumatra. Diese Anlage wurde 1984 unter dem Namen Indorayon gebaut und belastete die Umwelt erheblich mit Schadstoffen. Unter Suharto wurde der Widerstand der Bevölkerung mit Polizei und Militär unterdrückt. 1999 erreichten die Proteste ihren Höhepunkt, zwei Menschen wurden erschossen, viele verletzt. Danach verfügte Präsident Habibie die Schließung der Industrie. Anfang 2003 wurde die Zellstoffproduktion trotz anhaltender Proteste unter dem neuen Namen PT Toba Pulp Lestari mit Polizeischutz wieder aufgenommen. Wieder wird der Protest mit Gewalt niedergeschlagen (Matthew 2002, Swedwatch 2004).

4. Regenwaldvernichtung durch APP und APRIL

Die Zellstoff- und Papierfabriken IKPP (APP) und RAPP (APRIL) in der Provinz Riau sind wahrscheinlich die größten Verbraucher von Holz aus Naturwäldern weltweit. Die sensiblen Waldökosysteme am Äquator, die für ihre Produktion durch Kahlschlag irreversibel zerstört werden, gehören zu den artenreichsten der Welt. Insgesamt hat die Zellstoffindustrie auf Sumatra mindestens 835.000 Hektar Wald vernichtet (Glastra 2003), das ist mehr als die zehnfache Fläche Hamburgs. Darüber hinaus machen die Konzerne durch ihren Wegebau viele Gebiete für den illegalen Holzeinschlag erst zugänglich, so dass sie mittelbar für Zerstörungen in noch weit größeren Regenwaldgebieten verantwortlich sind. Zwischen 1995 und 1999 haben die Zellstoffproduzenten etwa 40 Prozent ihres Rohstoffes aus illegalen Quellen bezogen (Glastra 2003).

Für ihre jährliche Produktionskapazität von jeweils knapp zwei Millionen Tonnen Zellstoff in Riau verbrauchen APP und APRIL rund 9 Millionen Kubikmeter Holz jährlich. Noch immer beziehen sie rund zwei Drittel dieser Menge aus Naturwäldern, die in Akazienplantagen umgewandelt werden. APP zerstörte bisher für die Produktion in Riau mindestens 300.000 Hektar Regenwald. Hauptlieferant ist die Firma Arara Abadi, welche ebenfalls zu Sinar Mas gehört und Konzessionen über 300.000 Hektar kontrolliert. APRIL hatte bis Ende 2001 rund 220.000 Hektar Regenwald gerodet (Matthews 2002), heute dürften es weit über 300.000 Hektar sein. Die Konzessionsgebiete von APRIL werden von der Tochterfirma Anugrah kontrolliert.

Laut Zahlen aus dem Forstministerium, die ROBIN WOOD vorliegen, will APRIL bis 2009 noch 200.000 Hektar Naturwald in Plantagen umwandeln. APP plant die Zerstörung von weiteren 180.000 Hektar Regenwald bis 2007 (WWF 2004). Im Anschluss soll die Produktion – so die Konzerne - ausschließlich mit Rohstoff aus Plantagen betrieben werden. Spätestens dann wird es ohnehin keine nennenswerten Holzreserven aus Naturwäldern in der Umgebung der Fabriken geben. Experten bezweifeln, dass APP und APRIL den Zeitplan zur Umstellung auf Plantagenholz einhalten können (Glastra 2003). Die ökologischen und sozialen Funktionen der natürlichen Wälder lassen sich durch Plantagen aber nicht ersetzen. Die Artenvielfalt und ihr Nutzungspotential für die Bevölkerung gehen für immer verloren, Wasserhaushalt und Klima werden gefährdet (s. Kapitel 4.3.)

In der jüngsten Vergangenheit haben beide Unternehmen unter dem Eindruck internationaler Proteste, verschiedene Schritte unternommen, um ihr Image aufzubessern. Um dem Vorwurf entgegenzutreten, dass Holz illegaler Herkunft verarbeitet wird, wurden Verträge mit einer Reihe von Lieferanten gekündigt. Auf Initiative des WWF erklärten sich beide Unternehmen bereit, bestimmte wertvolle Gebiete von der Nutzung auszunehmen. Außerdem behaupten die Konzerne immer wieder, dass sie nur degradierte Wälder einschlagen würden. Diese Darstellungen sollen im Folgenden näher untersucht werden.

4.1 Von der illegalen zur legalen Regenwaldvernichtung?

Es wird heute kaum mehr bestritten, dass APP und APRIL ihren enormen Rohstoffbedarf in den vergangenen Jahren zu einem großen Teil mit illegalem Holz gedeckt haben. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Lieferungen so genannter „third parties“, d.h. lokaler Unternehmen, deren Holz ohne ernsthafte Herkunftsprüfung abgenommen wird. Swedwatch beschreibt am Beispiel von APP-Lieferanten, wie so genannte „Broker“ die notwendigen Dokumente beschaffen, um den Konzern mit illegalem Holz zu beliefern (Swedwatch 2004). WWF und Walhi haben mehrfach recherchiert, wie illegales Holz aus wertvollen Wäldern aus Tesso Nilo oder Schutzgebieten an APP und APRIL geliefert wurde (Glastra 2003). Aufgrund des Drucks von Umweltorganisationen beendeten beide Fabriken in den vergangenen zwei Jahren das Geschäft mit einer Reihe von Lieferanten, die nachweislich illegal geschlagenes Holz verkauft hatten.

Während des Besuches bei APRIL wurde den Robin-Wood-Vertretern auch die Kontrolle der Holzzulieferung demonstriert. Dabei entstand der Eindruck, dass das Unternehmen mit einem Computer gestützten System inzwischen eine gewisse Kontrolle über Menge und Herkunft des gelieferten Holzes hat. Nach Darstellung von APRIL werden dabei alle Flächen, die zum Einschlag bestimmt sind, vor, während und nach dem Holzeinschlag überprüft. APRIL-Mitarbeiter schätzen den Anteil “potentiell” illegalen Holzes jetzt auf 1-2 Prozent (APRIL 2004).

Bei APP war trotz mehrfacher Nachfrage von ROBIN WOOD angeblich niemand verfügbar, der die Kontrolle hätte demonstrieren können. Die einzige erhältliche Information war, dass bisher noch keine EDV bei der Zulieferung eingesetzt wird. Auf die Frage nach der Herkunftskontrolle am Entladehafen erfuhr ROBIN WOOD lediglich, dass diese bei der Beladung der Schiffe stattfinde. Ein Vertreter von APP räumte ein, dass das Unternehmen derzeit nicht garantieren könne, dass kein Holz aus Schutzgebieten in die Fabrik gelange (APP 2004).

Rund 30 Prozent der Konzessionsflächen von APP sind auf Distriktsebene vergeben worden. Diese Genehmigungen sind allerdings vor einiger Zeit von der Zentralregierung für ungültig erklärt worden, um die Übernutzung der Wälder zu bremsen. Der Einschlag von APP in diesen Gebieten ist demnach illegal (Geiger 2004).

In einem Umfeld, in dem über 70 Prozent des Holzes illegal eingeschlagen werden, kann legaler Rohstoff nur garantiert werden, wenn der Weg von jedem Baumstamm zurückverfolgt werden kann. Davon sind beide Unternehmen weit entfernt.

Neben dem illegalen Holzeinschlag außerhalb von Konzessionsgebieten, wird auch bei der Abholzung innerhalb der genehmigten Gebiete verbreitet gegen die Gesetze verstoßen. Das gilt auch für APP und APRIL.

Die Bestimmungen für den Holzeinschlag in Indonesien sehen u.a. vor, dass die Ufervegetation von Fließgewässern und Hanglagen nicht gerodet werden dürfen. In Gebieten, die zur Umwandlung in Plantagen bestimmt sind, müssen 20 Prozent der Fläche geschützt werden. Seit 2001 ist der Einschlag der vom Aussterben bedrohten Baumart Ramin (Gonystylus spp.) nicht mehr erlaubt. Außerdem dürfen produktive Waldflächen, die mehr als 20 Kubikmeter Holz kommerziell verwertbarer Baumarten aufweisen, nicht in Plantagen umgewandelt werden (Gesetze PP 7/1990, SK 162/ 2003, SK 200/ 1994, Geiger 2004). Dasselbe gilt für Torfwälder auf Standorten mit einem Torfhorizont von mehr als drei Metern (Gesetz PP 47, 1997, Geiger 2004).

Beim Besuch der APRIL-Konzessionsgebiete in Tesso Nilo East und Pelalawan wurde deutlich, dass Ufer und Hänge nur in wenigen Bereichen von Resten natürlicher Vegetation bedeckt sind. In der Torfwald-Konzession Pelalawan wurden zwar angeblich über 20 Prozent der Fläche von der Umwandlung in Plantagen ausgenommen, doch dabei handelt es sich überwiegend um Flächen, deren wirtschaftliche Nutzung ohnehin nicht möglich ist, da sie zu tief liegen und somit zu feucht sind (unterhalb der 7-Meter-Höhenlinie, APRIL 2004). Zumindest in Ansätzen werden einzelne Bestimmungen aber eingehalten.

Als ROBIN WOOD das Forstunternehmen Ararari Abadi von APP besichtigte, konnten die Mitarbeiter kein Beispiel für geschützte Waldgebiete innerhalb des Konzessionsgebietes nennen. Lediglich ein 80 Hektar großer, relativ intakter Restwald wurde präsentiert. Ein Mitarbeiter erläuterte, dass dieser Wald einen Holzvorrat von etwa 250 Kubikmetern pro Hektar hätte und somit ein Beispiel sei für Waldflächen, die APP in Plantagen umwandelt (APP 2004). Während des Besuches entstand der Eindruck, dass forstliche Bestimmungen von APP nicht eingehalten werden und den Mitarbeitern praktisch unbekannt sind.

Sowohl APP als auch APRIL verstoßen mit dem Kahlschlag in den Torfwaldgebieten Riaus gegen indonesische Gesetze. Die betreffenden Wälder haben wahrscheinlich auf der gesamten Fläche mehr als 20 Kubikmeter Holz kommerziell verwertbarer Baumarten pro Hektar und sind somit produktive Wälder, die nicht in Plantagen umgewandelt werden dürfen.

Die Waldflächen, die ROBIN WOOD bei Pelalawan in Augenschein nehmen konnte, haben etwa ein Volumen von 200 Kubikmeter Holz pro Hektar. Das geht auch aus Daten der Bogor Universität hervor, die ein Volumen von 170 – 244 Kubikmeter Holz nennen (Bogor 2003). Wahrscheinlich haben die Torfwald-Konzessionsgebiete von APP und APRIL eine Torfschicht von mehr als drei Metern. APRIL rodet in den Torfwäldern auch die streng geschützte Baumart Ramin, dasselbe dürfte für die APP-Gebiete gelten, da diese Baumart im Osten Riau eines ihrer letzten großen Vorkommen hat.

4.2 Neue Schutzgebiete aus Unternehmenshand?  

Der WWF Indonesien versucht seit geraumer Zeit durch Vereinbarungen mit beiden Konzernen besonders schützenswerte Waldgebiete vor der Zerstörung zu bewahren. APP konnte sein Image im vergangenen Jahr durch eine Vereinbarung mit dem WWF aufbessern und auch APRIL verkündete im November 2003 auf seiner Webseite der Konzern würde gemeinsam mit dem WWF und dem Forstministerium für den Schutz des Tesso Nilo Gebietes und gegen den illegalen Holzeinschlag eintreten.

Tesso Nilo weist nach WWF-Angaben die höchste, weltweit festgestellte Pflanzenvielfalt auf. Nachdem APRIL hier noch bis 2001 wertvollen Regenwaldes in Plantagen umwandelte, gab der Konzern im März 2002 ein temporäres Moratorium für den Holzeinschlag in diesem Gebiet bekannt (Glastra 2003).

Doch während die Regierung es bisher versäumt hat, auch nur einen Teil von Tesso Nilo offiziell unter Schutz zu stellen, wird der verbliebene Wald von illegal operierenden Holzfällern Tag für Tag weiter zerstört. Die Holzfäller benutzen dabei die von APRIL gut ausgebauten Sandpisten, die das Waldgebiet durchschneiden, zum Transport und als Ausgangspunkt für ihren eigenen Wegebau. Zwar kontrolliert APRIL die firmeneigene Fähre über den Kampar nahe Tesso Nilo, um zu verhindern, dass illegale Transporte diesen Weg nehmen, doch das hält die Trucks nicht auf. Auf Umwegen transportieren sie das Holz weiter aus dem Gebiet heraus. Der Kernbereich des Tesso Nilo Gebietes ist durch von APRIL im Jahr 2001 gebaute Transportwege durchschnitten. Diese Straßen, auf beiden Seiten begleitet von einem 500 Meter breiten Akazienstreifen wurden laut WWF gebaut, ohne Genehmigungen vorzulegen (Glastra 2003). APRIL erklärte gegenüber ROBIN WOOD, dass man gehofft habe, die Plantagen würden die illegalen Holzfäller aufhalten (APRIL 2004). Das ist nicht der Fall, die Holzfäller bauen Wege durch die Plantagen hindurch und setzen dahinter den Raubbau unbehelligt fort.

Obwohl APP und APRIL sich verpflichtet haben, kein Holz von Lieferanten aus Tesso Nilo anzunehmen, stellte ROBIN WOOD vor Ort fest, dass weiterhin Holz für die Zellstoffproduktion aus Tesso Nilo abtransportiert wird. WWF-Experten schätzen, dass das Tesso Nilo Gebiet 2006 nahezu völlig entwaldet ist, wenn keine wirksamen Maßnahmen ergriffen werden (Glastra 2003). Bisher sind diese nicht erkennbar.

Im August 2003 vereinbarten der WWF und APP in einem Memorandum of Understanding, dass APP Teile seiner Konzessionsgebiete unter ein Moratorium stellt, die Produktion zukünftig auf eine legale und ökologisch vertretbare Basis stellt und die Landrechtskonflikte mit der lokalen Bevölkerung löst. Sechs Monate später stellte der WWF nach Vorlage des APP-Aktionsplans ernüchtert fest, dass der Konzern in den kommenden zwei Jahren weitere 180.000 Hektar Wald ohne Prüfung der Schutzwürdigkeit roden will. Auch unter Aspekten der Legalität der Operationen und der Lösung der Landrechtskonflikte erfülle der Konzern die Vereinbarungen nicht. Die Gebiete, die APP unter Schutz stellen wolle, seien ohnehin seit zehn Jahren von der Provinz als Reservat vorgesehen und nicht wirtschaftlich nutzbar für den Konzern, da es sich um Sumpfgebiete handelt (WWF 2004, Financial Times 2004, Geiger 2004).

Das Gebiet, dass APP von der Nutzung ausnehmen will, liegt zwischen den Schutzgebieten Bukit Batu und Siak Kecil. Laut von ROBIN WOOD befragten Experten werden auch diese Gebiete weiter von illegalen Holzfällern geplündert, die mit schweren Maschinen Kanäle bauen, um die Bäume abzutransportieren. Gleichzeitig zerstört APP in benachbarten Konzessionen ökologisch sensible Torfwälder. Laut Aussage eines Unternehmensvertreters kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass der Konzern dabei die Grenzen des Schutzgebietes Bukit Batu überschritten hat, da angeblich unterschiedliche Kartenversionen von diesem Reservat existieren (APP 2004).

4.3 Kahlschlag im Torfwald

APP und APRIL behaupten sie würden nur “degradierte” Wälder roden und in Plantagen umwandeln. Tatsächlich zerstören die Konzerne überwiegend Regenwald mit hoher Artenvielfalt. Selbst der Sekundärwald, der bereits in der Vergangenheit genutzt wurde, bietet Lebensraum für viele gefährdete Tiere und Pflanzen, die in den Plantagen nicht überleben können.

Beide Konzerne beziehen derzeit einen großen Teil ihres Rohstoffs aus Torfwaldgebieten im Osten Riaus. ROBIN WOOD konnte beobachten, wie täglich mehrere Lastkähne aus APP-Konzessionsgebieten in der Umgebung der Schutzgebiete Bukit Batu und Siak Kecil Tropenholz an die Fabrik liefern. Nach APP-Angaben werden jeden Tag etwa 20.000 Tonnen Holz von 16 – 18 Schiffen abgeladen. Um den Regenwald auf den Torfstandorten in Plantagen umzuwandeln, wird von den Unternehmen ein Netz von Kanälen gebaut, um den Wasserstand zu kontrollieren und das Holz abzutransportieren.

Neue Untersuchungen der indonesischen Torfwälder haben ergeben, dass Eingriffe in dieses Ökosystem die Waldbrandgefahr drastisch erhöhen und den Treibhauseffekt verschärfen. Die Torfflöze in diesen Ökosystemen können 18 Meter Tiefe reichen. Sie sind im Laufe von 20.000 Jahren gewachsen und speichern riesige Mengen Kohlenstoff. Auf einem Hektar dieser Wälder wurden bis zu 120 Baumarten festgestellt, deren höchsten Exemplare 50 Meter Höhe erreichen. Die katastrophalen Emissionen der Brände 1997/98 hatten ihren Ursprung vor allem aus Feuern in gestörten Feuchtwäldern Indonesiens. Die damals freigesetzte Kohlendioxidmenge, die 13-40Prozent der weltweiten Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe im selben Zeitraum entspricht, stammte zu über 80Prozent aus der Verbrennung von Torf.  Die Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre verdoppelte sich 1997 (Spektrum der Wissenschaft 2004).

Entwässerung und Kahlschlag von Torfwaldflächen sind mit einem nicht zu rechtfertigenden Risiko von unkontrollierbaren Bränden verbunden, die nicht nur Menschenleben und die letzten Wälder bedrohen, sondern erheblich zu globalen Klimaveränderungen beitragen. Ein APP-Vertreter erklärte gegenüber ROBIN WOOD in den Konzessionsgebieten bei Bukit Batu seien kürzlich Brände ausgebrochen, was der Konzern nicht verhindern könne (APP 2004).

APRIL erlaubte ROBIN WOOD einen Besuch seiner knapp 80.000 Hektar umfassenden Pelalawan-Konzession, in der bereits der größte Teil der Flächen in Plantage umgewandelt worden sind. Zwar hat APRIL eine Untersuchung der ökologischen Bedeutung dieses Gebietes bei der Bogor Universität in Auftrag gegeben, doch wurde das Ergebnis nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. ROBIN WOOD erhielt lediglich auszugsweise Informationen von APRIL. Konzernmitarbeiter behaupten, dass in diesem Gebiet keine Arten aussterben würden, da rund 23 Prozent der Fläche von der Nutzung ausgenommen seien. Diese Darstellung ist mit großer Sicherheit falsch.  

Der Wald in diesem Gebiet war, wie APRIL-Mitarbeiter erläuterten, lange Zeit ungestört und beinahe undurchdringlich. Aus der Untersuchung der Universität geht hervor, dass hier sieben geschützte Baumarten (u. a. Ramin) vorkommen sowie mindestens 78 Vogelarten (z.B. Nashornvogel), acht Arten von Reptilien und 20 Säugetierarten, darunter fünf Affenarten (u.a. Gibbons und Makaken) sowie der Sumatra-Tiger (P.tigris sumatrensis). Bisher sind etwa 50.000 Hektar Regenwald in dieser Konzession vollständig zerstört worden und ein Kanalnetz von 800 Kilometer zur Bewirtschaftung der Akazienplantagen geschaffen worden.

Die isolierten Restwaldbestände, die von der Nutzung ausgenommen wurden, sind nicht groß genug, um das Überleben dieser Arten zu gewährleisten. Die Randbereiche und die Waldkorridore sind schon jetzt durch die umgebende Nutzung stark beeinträchtigt. Bei vergleichbaren Eingriffen in tropischen Wäldern haben Wissenschaftler festgestellt, dass die Temperatur im Wald an der Grenze zur Brachfläche um über 4,5°C steigt und die Luftfeuchtigkeit um 20 Prozent sinkt. Diese Veränderungen sind noch tief im Inneren des Waldes messbar (Wolters 1990).

In der APRIL-Konzession ist deutlich zu beobachten, dass viele Bäume im Randbereich der Restwaldflächen absterben oder ihr Laub verlieren. Tierarten, die unter der geschlossenen Baumkrone leben, können sich nicht an diese veränderten Bedingungen anpassen.

Als Faustregel von Biologen gilt, dass die Reduzierung eines Lebensraums auf 10 Prozent seiner Ausgangsfläche mit einer Halbierung der Artenzahl einhergeht. Selbst wenn abzüglich der stark beeinträchtigten Randbereiche im Pelalawan-Sektor mehrere Tausend Hektar Restwald intakt blieben, reichen diese Flächen nicht aus, um Arten mit geringer Bestandsdichte wie Affen, Raubkatzen oder Greifvögeln mittel- bis langfristig das Überleben zu ermöglichen. Viele Baumarten der tropischen Feuchtwälder haben eine Verbreitungsdichte von einem Baum auf 3-5 Hektar und benötigen für eine minimale überlebensfähige Population 15 – 25.000 Hektar große intakte Gebiete (Wolters 1990). Ungeklärt bleibt, wie sich die großflächige Störung des natürlichen Wasserhaushaltes auf die Reste des ursprünglichen Ökosystems auswirken wird.

Wie empfindlich die Vegetation der Torfwälder reagiert, wird am Zustand der 50 Meter breiten „Biokorridore“ deutlich, die der Konzern nicht gerodet hat. Auf diesen Streifen stehen nur noch einzelne Bäume mit wenig Laub, die unter Wind und Austrocknung leiden und für die meisten Tiere des Waldes nicht als Korridor geeignet sind.

Hinzu kommen die Eingriffe in den Wasserhaushalt, die hohe Waldbrandgefahr in gestörten Torfwäldern sowie das Risiko des illegalen Holzeinschlags, wenn Holzfäller über Straßen oder Kanäle des Konzerns in das Gebiet kommen. Die Akazienplantagen bieten kaum Lebensraum für Tiere und Pflanzen und auch diese Flächen werden etwa alle sieben Jahre per Kahlschlag geerntet und unter Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden wie „Roundup“ neu bepflanzt.

Wie schon zuvor in Tesso Nilo hat APRIL nun auch im Osten Riaus ein zusammenhängendes Waldgebiet weitgehend zerstört und parzelliert und damit das Aussterben von Tieren und Pflanzen auf Sumatra beschleunigt. Noch ist kein Ende dieser Entwicklung in Sicht, denn es kursieren Gerüchte, dass APRIL weiter Richtung Osten expandieren will: weitere 50.000 Hektar Wald sollen demnach Plantagen weichen und eine Straßenverbindung entlang des Kampar-Flusses zur Ostküste gebaut werden, um in Zukunft den Export bzw. Import von Holz zu ermöglichen. Es steht zu befürchten, dass APRIL dann Tropenholz aus Borneo für seine Fabrik importieren wird.

Auch APP baut seine Infrastruktur im Küstengebiet aus und verfolgt wahrscheinlich ähnliche Pläne, um in Zukunft auf Holz aus größerer Ferne zurückgreifen zu können. Noch aber bedient sich das Unternehmen ebenfalls im Tieflandregenwald Sumatras. Dabei plane der Konzern, wie ein Mitarbeiter gegenüber ROBIN WOOD zugab, auch Wälder einzuschlagen, denen Umweltorganisationen wahrscheinlich einen hohen Schutzwert zumessen würden, die aber aufgrund ihrer Lage nicht vor den illegalen Holzfäller zu schützen seien (APP 2004).

5. ROBIN WOOD- Forderungen und Aktionen

Die bittere Erkenntnis der ROBIN WOOD-Recherche auf Sumatra: Während APP und APRIL sich mit neuen vermeintlichen “Schutzgebieten” bei ihren Geschäftspartnern als Naturschützer präsentieren, geht der Raubbau am Regenwald in den benachbarten Konzessionsgebieten ungebremst weiter. Dabei missachten die Konzerne systematisch forstwirtschaftliche Bestimmungen Indonesiens.

Die unter ein Moratorium fallenden Flächen werden gleichzeitig weiter illegal eingeschlagen und stehen noch immer nicht offiziell unter Schutz. Zum Teil gelangt immer noch Holz aus diesen Gebieten in die Zellstoffmühlen. Die mit erheblichem Einsatz von WWF Indonesien eingeleiteten Verhandlungen mit beiden Konzernen haben de facto noch keinen Quadratmeter Regenwald gerettet. Der einzige Ausweg aber wäre, dass die Konzerne den Holzeinschlag in den verbleibenden natürlichen Wäldern beenden und ihre Produktion auf die Kapazität der bestehenden Plantagenflächen reduzieren.

APP und APRIL haben schon zu lange auf Kosten des Naturerbes der Menschheit Gewinne gemacht. ROBIN WOOD fordert zusammen mit indonesischen Umweltorganisationen Papierfabriken, Papierhändler und Verbraucher auf, auf Zellstoff und Papier aus Indonesien zu verzichten, solange der Raubbau am Regenwald nicht beendet wird.

Papier der Konzerne APP und APRIL wird auch im deutschen Handel angeboten. ROBIN WOOD verfolgt die Spur von Produkten aus Regenwaldzerstörung im deutschen Handel, protestiert gegen Papier aus Raubbau und macht sich für Recyclingpapier stark. Karstadt, die Kaufhauskette Kloppenburg, die Deutsche Post mit ihrer Tochter McPaper, die Dohle Handelsgruppe und ihr Lieferant Schreyer sind dem Aufruf von ROBIN WOOD gefolgt und haben Produkte von APP und APRIL aus dem Sortiment genommen. Papier Union, das größte Papierhandelsunternehmen Deutschlands und wahrscheinlich der größte Importeur von APRIL-Papier in Europa (15.000 von 80.000 Tonnen) hat sich darauf beschränkt, nur Papier aus Plantagenholz abzunehmen und ist damit weiterhin mitverantwortlich für die Umwandlung von artenreichem Regenwald in naturferne Monokulturen.

Die ROBIN WOOD-Papierkampagne

Die Regenwaldzerstörung und die Missachtung der Landrechte der lokalen Bevölkerung auf Sumatra ist nur ein Beispiel von vielen weltweit für die sozialen und ökologischen Folgen unseres Papierkonsums. Der Papierverbrauch in den Industrieländern ist ein typisches Beispiel für nicht nachhaltiges Konsumverhalten auf Kosten der globalen natürlichen Ressourcen. Jede/r Deutsche verbrauchte im Jahr 2001 durchschnittlich 226 Kilogramm Papier. Damit gehört Deutschland weltweit zu den Spitzenreitern unter den Papierverschwendern. Hierzulande verbraucht jede/r von uns in einem Jahr die gleiche Menge Papierprodukte wie ein Mensch in Indien in 50 Jahren. Der Papierverbrauch hat sich seit 1950 mehr als versiebenfacht - Tendenz steigend.

Für die Papierproduktion wird weltweit jeder fünfte eingeschlagene Baum verwendet. Rund 90 Prozent des in Deutschland für die Papierherstellung benötigten Zellstoffs werden importiert. Der Großteil der Importe stammt aus nordischen Waldregionen, doch der Importanteil von Zellstoff und Papier aus den Tropen nimmt zu. Deutschland ist daher in hohem Maße mitverantwortlich dafür, dass Wälder zerstört und die Rechte der lokalen Bevölkerung missachtet werden. 

ROBIN WOOD fordert:

  • Die Papierindustrie soll den Einsatz von Altpapier bei der Papierherstellung steigern und Zellstoff aus einer nachweislich ökologisch und sozial verträglichen Waldnutzung einsetzen

  • Unternehmen, staatliche Stellen und Privathaushalte sollen ihren Papierverbrauch reduzieren und Recyclingpapier nutzen

  • Der Handel soll Produkte aus Recyclingpapier anbieten und Frischfaserpapier aus Urwaldzerstörung und Landrechtsverletzungen aus dem Sortiment ausschließen

  • Die Bundesregierung soll die Außenwirtschaftsförderung für die Papierindustrie an ökologische und soziale Mindeststandards binden und den Import von Holz und Holzprodukten, die aus einer zerstörerischen Waldnutzung stammen, verbieten

6. Literatur, Webseiten und andere Quellen:

APP 2004, Arian Ardie, Director Sustainability & Stakeholder Engagement APP, mündlich, 16.01.2004

APRIL 2002, Sustainability Report, http://www.aprilasia.com

APRIL 2004, Roland Offrell, Director Environment Affairs, mündlich, 15. und 20.01.2004

Altemeier&Hornung Filmproduktion 2001, Das verbürgte Elend, Hamburg 2001
http://www.umwelt.org/robin-wood/german/floss/2001/veranst/altemeier.html

Bogor University 2003, Study and prepare management plan for biodiversity in Pelalawan sector (unveröffentlichter Foliensatz)

Carius, A. und Schroeder-Wildberg, E.: Illegal logging and the business sector in Indonesia, Adelphi 2004 (Veröffentlichung 6.05.04), http://www.adelphi-research.org/

Financial Times 2004: A ‘new leaf’ in the forest meets with scepticism, 16.02.2004,  http://www.wwf.or.id/Default.php?ID=546

Geiger, M. (WWF Deutschland) 2004: mündlich, 8.03.04

GEO 2003, Orang-Utans, Mit der Säge kommt das Aus, GEO 06/2003

Glastra, R. 2003: Elefantenwald im Ausverkauf, Die Vernichtung des Regenwaldes in der Region Tesso Nilo auf Sumatra und die Rolle europäischer Banken und Märkte, WWF 2003 http://www.wwf.de/presse/pressearchiv/artikel/01124/

Happe, B. 2001: Tabula Rasa auf Sumatra: Die ökologischen und sozialen Auswirkungen des Zellstoff- und Papierbooms in Indonesien. Urgewald, 2001 http://www.urgewald.de/kampagnen/papier_und_wald/index.htm

Harwell, E. et al. 2003: Without Remedy: Human Rights Abuse and Indonesia’s Pulp and Paper Industry. Human Rights Watch, Washington D.C. 2003 http://www.hrw.org/reports/2003/indon0103/

Matthew, E. et al. 2001: Paper Tiger, Hidden Dragons - The responsibility of international financial institutions for Indonesian forest destruction, social conflict and the financial crisis of Asia Pulp & Paper. Friends of the Earth, 2001
http://www.foe.co.uk/campaigns/corporates/case_studies/app/

Matthew, E. et al. 2002: Paper Tiger, Hidden Dragons 2  - The forest destruction. Social conflict & financial crisis of Asia Pacific Resources International Holdings Ltd. (April) & the role of financial institutions and paper merchants. Friends of the Earth, 2002
http://www.foe.co.uk/campaigns/corporates/case_studies/april/

Spektrum der Wissenschaft 2004, Brennende Regenwälder, Februar 2004

Swedwatch 2003: Swedish involvement in the Indonesian paper and pulp industry (Veröffentlichung in Kürze), http://www.swedwatch.org

TAZ 2004: Abholzung mit Hermes-Segen, 23.02.2004, http://www.taz.de/pt/2004/02/24/a0178.nf/text

ROBIN WOOD: http://www.robinwood.de/urwaldpapier

Watch Indonesia Berlin: http://home.snafu.de/watchin

Wolters, J. 1990: Ökologische Forschung an einem sterbenden System, in: ARA (Hrsg.), „Naturerbe“ Regenwald, focus: Ökozid 6, Gießen 1990

WWF 2004: Zeit für die Sumatra-Elefanten läuft ab! http://www.wwf.de/presse/pressearchiv/artikel/01696/index.html